EINZELTEST: NOX "DHR 8.0 TEAM EXPERT"
NOX "DHR 8.0 TEAM EXPERT"
Denkt man einige Jahre zurück, so war die Berliner Firma Nox im deutschen Downhill-Raum ordentlich populär. Machten sie damals mit ihrem extrem robusten und durchaus gut funktionierenden Downhiller „Startrack“ auf sich aufmerksam, so haben sie für die aktuelle Saison 2016 einen neuen Downhill-Boliden aus der Taufe gehoben. Aber nicht nur das brandneue Geschoss namens „DHR 8.0“ ist auf dem Markt, sondern auch die Kooperation mit dem zigfachen deutschen Downhill-Meister Marcus Klausmann sorgte zum Jahresanfang für Aufsehen. Kein Wunder also, dass wir uns die neue Downhill-Waffe von Deutschlands Downhill-Urgestein mal zur Brust genommen und zusammen mit dem YT-Fahrer Erik Irmisch über die Trails gejagt haben.
Allgemein
Mit der Verpflichtung von Marcus Klausmann als neuem Teamfahrer und Brand Ambassador hat Nox in der Off-Season auf jeden Fall für Furore gesorgt und gleichzeitig eben auch das neue „DHR 8.0“ präsentiert. In Sachen Marketing also schon mal alles richtig gemacht. Was das Rad an sich angeht, kann man zunächst einmal festhalten, dass es top-modern und schnittig auf den 27,5-Zoll-Laufrädern steht. Durch die interne Zugverlegung von Schalt- und Bremszug wirkt der Aluminiumrahmen aufgeräumt und das trotz farbenfroher Decals. Gussets am Steuer- und Sitzrohr sorgen für zusätzliche Stabilität, wirken optisch allerdings etwas störend. Das Rad ist insgesamt in zwei verschiedenen Ausstattungsvarianten zu bekommen, wobei der Rahmen bei beiden Modellen identisch bleibt. Lediglich der Preis unterscheidet sich – wir haben das teure Modell für 4.499 Euro getestet. Wer nicht so viel Geld ausgeben möchte, der bekommt das „Team Pro“-Modell für 3.299 Euro. Wer sich lieber seinen eigenen und speziellen Nox-Downhiller aufbauen möchte, bekommt den Rahmen für 1.299 Euro auch einzeln.
Die Parts
Wie es sich für ein Topmodell gehört, hat auch Nox die Parts-Liste sauber abgesteckt und seinem Downhill-Geschoss feinste Komponenten verpasst. Das Herzstück des Bikes, das Fahrwerk, besteht aus einer Rock Shox „Boxxer World Cup“ und einem „Vivid Coil R2c“. Beides lässt sich dank diverser Einstellmöglichkeiten perfekt an die Vorlieben des Fahrers anpassen, wobei beim Dämpfer natürlich auf die richtige Federhärte geachtet werden muss. Wir sind das Rad mit einer 400 lbs starken Feder gefahren, was genau passend war bei einem Fahrergewicht von um die 80 Kilo. Auch beim Antrieb ist Nox keinerlei Kompromisse eingegangen und spendiert dem „DHR“ Sram s Downhill-Gruppe „X01 DH“ mit nur sieben Gängen. Das ist zum einen absolut ausreichend für jede Downhill- Strecke, auf der es ordentlich zur Sache geht, und zum anderen spart die „abgespeckte“ Kassette noch etwas Gewicht. Bei den Laufrädern wurde mehr auf Stabilität als auf Leichtbau gesetzt. Die Sun Ringlé „ADD Pro“ haben zwar ein paar Gramm mehr auf den Rippen, versorgen euch dafür aber mit einer unglaublichen Portion Stabilität und Steifigkeit. Kein Wunder, bedeutet der Modellname „ADD“ doch „Any Damn Downhiller“, was sagen will, dass das Produkt jedem noch so harten Shredder standhält. Auch die Sram -„Guide Ultimate“-Bremse ist in der Oberklasse angesiedelt und überzeugt mit guter Dosierbarkeit, knackigen Druckpunkten und enormer Bremskraft. Kosten gespart wurden letztendlich nur am Cockpit sowie der Sattelkombi, denn dort wurden teilweise hauseigene Nox-Produkte verbaut, die uns im Test aber keinen Grund gaben, an ihnen zu zweifeln. Vor allem der Nox-Lenker in Kombination mit dem Truvativ-„Direct Mount“-Vorbau positionierte einen sehr angenehm über der Front. Letztlich bleibt uns noch, das Gewicht von 16,73 Kilogramm anzusprechen, das für einen Downhiller in diesem Preissegment absolut in Ordnung geht. Mit leichteren Laufrädern und einem höherwertigen Cockpit sowie einer anderen Sattelkombi sind hier aber definitiv noch einige Gramm einzusparen.
Unser Testeindruck
Wie heißt es so schön: „Der April macht, was er will!“ In unserem Fall war dies allerdings recht passend, denn so bescherte uns der wechselhafte Frühling die unterschiedlichsten Testbedingungen. Von trocken und staubig bis hin zu schlammig inklusive Schneefall und Minusgrade musste das Nox auf verschiedensten Untergründen beweisen, was in ihm steckt. Unterwegs war ich auf unseren Home-Trails am Rande des Sauerlands, im Warsteiner Bikepark sowie im Bikepark Winterberg, sodass auch von den Streckenbeschaffenheiten unterschiedlichstes Areal geboten wurde. Um auch eine professionelle Meinung einzuholen, habe ich mir dazu noch den YT-Fahrer Erik Irmisch gekrallt, der mich beim Testen begleitet hat. Genug der Theorie und ab auf den Trail. Auf dem Nox in Größe L nehme ich eine sehr zentrale Haltung ein und auch das Cockpit erreiche ich, ohne eine zu gestreckte Haltung einzunehmen. Das Oberrohr ist mit 605 Millimetern nicht übermäßig lang und der Reach mit 435 Millimetern passt, die Kettenstrebe hingegen markiert mit 447 Millimetern so ziemlich das Ende der Fahnenstange – „447 Millimeter lange Kettenstreben findet man in der Tat eher selten, das bringt Laufruhe en masse!“, so Erik Irmisch. In Kombination mit dem 63,5Æ fl achen Lenkwinkel hat man so schon vor der Abfahrt das Gefühl, ein sehr laufruhiges Bike unter sich zu haben. Dieses Gefühl bestätigt sich dann auch nach der ersten Abfahrt, denn das Nox lässt die Unebenheiten und Wurzeln einfach links liegen, um geradewegs in Richtung Ziel zu brettern. Der lange Hinterbau arbeitet extrem sensibel und nimmt selbst heftigste Schläge problemlos hin. Insgesamt ist er sehr potent und man hat Mühe, ihn aus der Ruhe zu bringen, denn so sensibel und soft er die Schläge aufnimmt, so progressiv werden das Federungsverhalten und die Performance auf dem Trail zum Federwegsende hin. Das ist angenehm, so kann man sich absolut auf den Hinterbau verlassen und weiß sich seine Reserven zunutze zu machen. In Kombination mit der recht straff abgestimmten „Boxxer“ an der Front habe ich so ein Fahrwerk, das für jeden Einsatz bestens gewappnet ist, vor allem wenn es schnell und bockig bergab geht. Diese Laufruhe, erzeugt durch den langen Hinterbau und den fl achen Lenkwinkel, hat jedoch auch einen Nachteil: das Kurvenverhalten, wenn es etwas enger wird! Generell ist mein Fahrstil eher verspielt, ich liebe es, Kurven anzufl icken, enge Switchback Turns mitzunehmen und mich dabei von Kurve zu Kurve fallen zu lassen. Das funktioniert mit dem Nox nur mit einer gewissen Anstrengung. Ich muss mich erst daran gewöhnen, einen so langen Hinterbau mit Schmackes in die Kurven zu drücken, ohne mich dabei zu weit über dem Hinterrad zu positionieren, was einem sonst die Energie raubt, um am Kurvenausgang wieder Schwung aufzubauen. Nach einigen Versuchen und unterschiedlichen Kurventypen habe ich meinen Modus und das richtige Mittelmaß gefunden, um auch enge Kurven ordentlich zu shreddern und dabei keinen Schwung zu verlieren. Insgesamt habe ich aber am meisten Spaß, wenn ich das Rad in RaceManier über die Strecke fliegen lasse. Auch YTPilot Erik sieht das so und meint: „Je schneller du wirst, desto mehr Spaß macht das Rad. Du bügelst alles weg und nimmst trotzdem ordentlich Schwung mit.“ Das Nox will also eindeutig schnell bewegt werden und dankt es einem mit einer unglaublichen Laufruhe am langen Hinterbau. Auch in Sachen Agilität kann man beim Nox ruhigen Gewissens von einer RaceTauglichkeit sprechen. Beim Pedalieren sackt der Hinterbau nicht weg und lässt das Rad somit zügig Tempo aufbauen, das man durch die zentrale Position gepaart mit der Laufruhe auch gut halten kann. Teilweise fühle ich mich auf der Downhill Strecke wie auf einem PumpTrack – hab ich einmal Schwung aufgebaut, lässt sich dieser mühelos ins Ziel bringen, ohne dass ich dabei pedalieren müsste.
Fazit
Das Nox ist ganz klar ein Rad, das schnell bergab bewegt werden möchte. Auf kleine und enge HomeTrails steht es nicht besonders, freut sich aber umso mehr, wenn man es über kernige DownhillPisten prügelt und versucht, das Letzte aus ihm herauszuholen. Die verbauten Parts verrichten gute Dienste und machen das Nox zu einem ReadytoraceDownhiller für unter 4.500 Euro.
Wer hat welche Einstellungen gemacht?
TESTFAHRER
Stephan Peters, 29 Jahre, 179 cm, 82 kg
REIFENDRUCK
vorne: 1,8 bar, hinten: 2,0 bar
GABEL
Druck: 98 psi
Zugstufe: 7 Klicks (auf nach zu)
Compression: 7 Klicks (auf nach zu)
DÄMPFER
Feder: 400 lbs
Compression: 2 Klicks (auf nach zu)
Ending Rebound: 3 Klicks (schnell nach langsam)
Zugstufe: 4 Klicks (schnell nach langsam)
Die Geometriedaten findet ihr in unserer Proguide Datenbank. Der Link steht direkt hier drunter!
Fotos: Stephan Peters
Gepostet am 17.08.2016 von Stephan Peters |