ZU BESUCH: HIBIKE

"HIBIKE" ist einer der ältesten Bike-Versandhändler Deutschlands und wird dieses Jahr 25. Höchste Zeit also, mal bei den Jungs und Mädels in Kronberg im Taunus vorbeizuschauen. Neben einer Führung durchs Haus bekamen wir dank Rainer Nowacki auch ein paar exklusive Einblicke in die Gründungsgeschichte des hessischen Erfolgsunternehmens.

Jeder von uns hat schon mal bei HIBIKE bestellt, behaupten wir jetzt einfach mal. In der „grauen Vorzeit“, als es noch keine Versenderbikes gab und das Internet gerade erst so richtig Fahrt aufnahm, war HiBike schon eine feste Anlaufstelle für alle Gravity-Begeisterten. Dank ihrer großen Auswahl fand man hier oft Produkte, die man beim Händler um die Ecke umsonst suchte. Kein Wunder: Mit Rainer Nowacki hatte HIBIKE von Beginn an einen eingefleischten Mountainbike-Fan im Kader, der wusste, was das „heiße Zeug“ ist und wo man es her bekam. Aber wie fing das alles überhaupt an? Das hessische Kronberg liegt nur einige Autominuten von Frankfurt am Main entfernt und ist mit dem Auto so gut zu erreichen wie mit dem Zug. Als wir auf den großen Parkplatz fahren, ist er noch recht leer: Es ist ein früher Wintermorgen, da liegen die Massen noch auf ihrem Schreibtisch und verdauen ihr erstes Frühstück. Nicht so allerdings bei HIBIKE. Als wir die Eingangstür aufdrücken und sich der riesige Verkaufsraum vor uns öffnet, wuseln bereits die ersten Mitarbeiter durch die Reihen unterschiedlichster Bikes, Bekleidungsstücke und Parts, die dem kaufwütigen Biker gefallen sollen.

Doch wir sind mit einer, oder genau genommen sogar zwei bestimmten Missionen hier. Zum einen wollen wir unser Langzeittestbike, das neue Santa Cruz Bronson, aufbauen, zum anderen wollen wir endlich mal hinter die Kulissen des Versandhandels schauen. Von Wiesbaden aus ist der Weg nur kurz, also haben wir die Gelegenheit beim Schopf ergriffen und mit Rainer Nowacki ein Date ausgemacht. Rainer, der, auch nach 25 Jahren HIBIKE, immer noch eher wie der freundliche Bikeshop-Verkäufer von nebenan denn wie ein Geschäftsmann wirkt, begrüßt uns stilecht in HIBIKE-Pulli und schwarzen Jeans. Um die Hüfte trägt er eine Bauchtasche, in der andere vielleicht ihre Zigaretten aufbewahren würden. Rainer hat darin, wie sich später zeigen sollte, vor allem wichtige Dinge wie ein Multitool. Denn Rainer ist Biker und lebt das mit jeder Faser seines Körpers.

„Wir haben angefangen, weil Christian sich überlegte, einen Versandhandel für Biketeile zu gründen und jemand brauchte, der sich etwas besser mit der Materie auskennt“, erzählt er uns, während er uns durch den Laden führt. Christian, das ist Christian Bär, von dem die „HIBIKE Bär KG“ ihren Namen hat. Inzwischen besteht die Geschäftsführung aus Christian Bär und Werner Ott, Letzterem werden wir auch gleich nochmal in Rainers Erzählungen begegnen.

„Wir haben angefangen, weil Christian sich überlegte, ein Geschäft für Biketeile zu gründen. Unser erstes Produkt war eine RockShox Mag 20, die ich aus den USA grauimportiert hatte.“ Rainer war schon immer der mit dem Riecher für die richtigen Parts. „Christian wusste, wie das mit dem Geschäftemachen funktioniert – und ich, welche Teile man auch verkaufen kann!“

HIBIKE weckte schnell Begehrlichkeiten, und so mussten sie umziehen. „Nach dem Wohnzimmer ging es in eine Doppelgarage“, erinnert Rainer sich. „Da hatten wir dann schon mehr Produkte, und die Leute wollten plötzlich vorbeikommen, um sie sich anzuschauen. Das war eine Herausforderung!“ Er lacht und erklärt: „Wir wurden oft beklaut, um ehrlich zu sein. Die Parts lagen einfach so im Laden, und teilweise standen die Kunden um den halben Block Schlange. Da war es einfach, mal einen Vorbau oder so einzustecken.“ Elektronische Warensicherung? Fehlanzeige! Auch der Online-Shop war noch nicht wirklich existent.

„Erst mit Werner Ott bekamen wir dann 1999 einen wirklich guten und funktionierenden Online-Shop, den ersten in Deutschland. Der MTB-Hype in den 90ern war der Wahnsinn“, sagt Rainer und erklärt auch warum: „Die ganzen Schlossereien und CNC-Maschinen standen nach dem Ende des Rüstungswettlaufs still. Da kamen die ganzen Freaks, die Geld in bunte Bikeparks stecken wollten, genau richtig!“ Nach und nach professionalisierte sich das Business natürlich, so auch HIBIKE. Es wurden immer mehr Mitarbeiter, man zog von der Garage in das jetzige Ladengeschäft. Damals fand noch alles in einem Gebäude Platz. „Von der Gründung 1994 bis heute ist wirklich viel passiert“, erinnert sich Rainer. „Wir haben zu zweit angefangen, dann waren wir irgendwann sechs – heute haben wir rund 100 Mitarbeiter bei HIBIKE.“

HIBIKE holte viele neue Marken nach Deutschland, so war es ein Yeti, das als erstes Komplettbike über die Ladentheke ging, oder eins der ersten deutschen FOES. „Wir zeigten den Leuten, dass Fullys etwas Gutes sind und viel besser fuhren als die Hardtails, mit denen sie sich durch die Wälder kämpften. Insgesamt waren wir beim Thema Gravity früh dabei. Wir waren die ersten, die sich an Downhiller trauten, die den anderen Shops zu speziell und aufwändig waren“, stellt Rainer selbstbewusst fest. Damals gab man noch zehn Jahre Garantie auf die Laufräder, die hier gebaut wurden. Aber nicht nur mit Pionierprodukten machte HIBIKE von sich reden. Auch die Unterstützung von Fahrern oder einzelnen Projekten standen schon immer auf dem Programm. So entstanden zum Beispiel der Flowtrail und die Downhillstrecke am Feldberg im Taunus mithilfe der Kronberger. „Wir möchten den Radsport möglichst professionell halten“, sagt Rainer. „Dazu ist es einfach nötig, Fahrer und Trails zu unterstützen.“ Am Ende kommt das immer zu ihnen zurück, denn wo kaufen die unterstützten Fahrer aus der Gegend? Genau, bei HIBIKE. So wäscht eine Hand die andere.

„Inzwischen verkaufen wir auch richtig viele Bikes online“, sagt Rainer, während wir durchs Lager schlendern. „Anfangs wollten die Leute die Bikes testen und anfassen, inzwischen ist die Angst vorm Onlinehandel fast verschwunden.“ Bike an Bike, Karton an Karton reihen sich in der riesigen Lagerhalle. „In unserem ersten Shop haben wir noch geraucht, das war richtig gemütlich“, erzählt Rainer. Heute undenkbar: Neben den gesundheitlichen Risiken ist auch das Brandrisko nicht unerheblich. Die schiere Größe der Lagerbestände stünde auf dem Spiel – da geht man zum paffen doch lieber vor die Tür. Das Lager ist Teil des Komplexes, in dem sich auch die Gebäude finden, die Laden und Büro beherbergen. In den letzten 25 Jahren ist viel passiert, eins ist aber gleich geblieben: „Wir sehen uns immer noch ein Stück weit als klassichen Radladen“, erklärt Rainer. „Die Bikes, die wir verkaufen, werden hier aufgebaut, getestet und dann so verpackt und verschickt, dass unsere Kunden sie nur noch aus dem Karton nehmen müssen.“ Lenker gerade, Schrauben festziehen, fertig.

Im Lager finden sich alle Artikel, die im Shop erhältlich sind, logisch. Hier durchzulaufen ist hochinteressant, nicht nur, weil es ein Paradies für Biker ist. Die Lagerführung ist elekt- ronisch und chaotisch: Die einzelnen Produkte haben einen optimierten Platz, den nur der Computer kennt. „So finden unsere Lageristen möglichst schnell, was sie suchen, und haben beim Einsortieren schnell den besten Platz.“

Vom Lager aus werden die Produkte über eine Rutsche zum Versand gebracht, wo sie gescannt und verpackt werden und dann in die Post kommen. So dauert es vom Mausklick zum Versand nur wenige Minuten, wenn alles glatt läuft.

Mit rund 1.000 qm Ladenfläche ist HIBIKE deutlich mehr als ein normaler Versender, doch hier hört es nicht auf: Die HIBIKE Testivals, die es seit 2005 gibt, sind ein riesiger Erfolg bei den Kunden. „Das erste Testival war eine eher regnerische Angelegenheit“, erzählt Rainer lachend. „Wir standen da mit unseren Bikes, und es goss in Strömen! Dafür waren die folgenden Events dann deutlich besser.“ Natürlich gibt es auch im Jubiläumsjahr wieder ein HIBIKE Testival: am 27.04.2019 steigt es, mehr Infos findet ihr auf www.hibike.de/testival

Ein Grund für den Erfolg von HIBIKE ist sicherlich der Standort. Vor den Toren Frankfurts, wo kaufkräftige Biker den Ausgleich zum Büroalltag suchen, konnte sich HIBIKE stets großer Beliebtheit erfreuen. „Wir haben einige Kunden aus Fernost“, erklärt Rainer, während wir unseren Rundgang abschließen. „Gerade die Japaner stehen auf deutsche Wertarbeit, und sie schätzen unsere Liebe fürs Detail, dass wir oft zweimal hinschauen oder uns um Dinge kümmern, die man vielleicht nicht sieht, die aber trotzdem einen Un- terschied machen.“ Bei HIBIKE kommt alles aus einer Hand: Laden, Lager und Onlineshop – alles ist eins, so dass Auswahl und Lieferschnelligkeit ihresgleichen suchen. Inzwischen ist HIBIKE eine feste Institution und lange nicht mehr Geheimtipp für „Freaks“, die besondere Parts suchen (auch wenn sie uns zum Glück immer noch damit dienen können!).

Der eBike-Boom ist auch im Onlinehandel angekommen und bietet neue Herausforderungen. Doch mit ihren Mitarbeitern werden Rainer, Christian und Werner sicherlich auch dieses Kind schaukeln. Wir freuen uns, dass es so motivierte Händler gibt, die auch weiterhin die Fahne fürs Radfahren hochhalten: Schließlich ist das HIBIKE Motto nicht umsonst „Hauptsache Fahrrad“. Nach der Tour folgen wir Rainer in die Werkstatt und machen uns daran, unser Testbike aufzubauen. Dabei hilft uns Rainer auch, übernimmt sogar die Führung. Ist das ein genialer Service oder was?

Mehr über die Firma unter hibike.de

Fotos: Felix Hens

Gepostet am 25.05.2019 von MRM |

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