Interview: YT Mob Teammanager Martin Whiteley

Dreiundzwanzig und eins. Der YT Mob lieferte am vergangenen Wochenende eine beeindruckende Leistung beim Downhill World Cup in Leogang ab. Team Manager Martin Whiteley erzählt im Interview von der Performance seiner Fahrer Aaron Gwin und Angel Suarez.

Aaron Gwin zeigte am vergangenen Wochenende wieder einmal, wo der Hammer hängt: Mit einem spektakulären Vorsprung von über drei Sekunden holte sich der YT Mob-Star den ersten Platz bei der vierten Runde des Downhill World Cups 2016 - für Aaron der mittlerweile dritte World Cup Sieg in Leogang in Folge. Bei Teamkollege Angel Suarez lief es ebenfalls ziemlich gut. Seit Beginn der Saison hat sich sein Selbstbewusstsein von Rennen zu Rennen gesteigert: Der Youngster landete auf Platz 23, sein bisher zweitbestes World Cup Resultat ever. Was die Zahlen 23 und 1 für Team Manager Martin Whiteley bedeuten, erzählt er im Interview.

Team Manager Martin Whiteley © Isac Paddock

Hi Martin. Wie war dein Wochenende?
Auf der einen Seite ziemlich aufregend, auf der anderen aber auch anstrengend. Aaron galt auf jeden Fall als Favorit, aber Greg Minnaar, der sich in Fort William den Sieg holte, hatte ebenfalls schon zweimal in Leogang gewonnen und ist ein starker Fahrer. Hinzu kamen die unberechenbaren Wetterkapriolen (Frühling in den Alpen!), die es den Fahrern und Mechanikern nicht gerade einfach machten, das richtige Setup zu finden. Am Ende hat es Aaron aber allen gezeigt.

Hast Du Aaron irgendwie beeinflusst oder gepusht, damit er so unglaublich schnell ins Ziel fährt?
Aaron ist ein absoluter Profi, was Rennen angeht, und alles, was ich zu einem gelungenen Lauf beitragen kann, ist eine professionelle Crew im Hintergrund, die ihm den Rücken freihält. Er macht das jetzt schon lange genug und weiß, wie der Hase läuft. Wir sorgen dafür, dass er immer die aktuellsten Informationen über die Streckenverhältnisse bekommt. Interessant ist auch, wie die Bikes der frühen Fahrer runterkommen oder ob es Probleme gibt, die wir in der TV-Übertragung sehen.

Wissen denn Aaron und Angel irgendetwas über die Ergebnisse der Fahrer, die vor ihnen starten?
Die Jungs fragen uns nie nach Ergebnissen von anderen Fahrern, aber in Leogang war es schon wichtig zu wissen, dass der Track im Gegensatz zum Qualifying viel schneller geworden war. Die Fahrer, die vor Angel starteten, waren allesamt zehn bis fünfzehn Sekunden schneller als in der Quali und das war ein wichtiges Detail, das ich ihm nicht vorenthalten wollte. Nach seinem Run gab er die Streckenverhältnisse per Funk an Aaron weiter.

Angel Suarez © Ale Di Lullo
Aaron Gwin © Ale Di Lullo

Was schoss dir durch den Kopf, als Aaron auf der Strecke war?
Nach den ersten zwei Splits war Aaron 1.2 sec hinter Vergier und es sah ganz so aus, als würde der junge Franzose das Rennen gewinnen. Sofort fing ich an zu überlegen, was das wohl für uns bedeuten würde: Zumindest ein Podium war noch drin und die World Cup Führung würden wir auch behalten. Dann dachte ich mir aber, dass die mittlere Sektion genau Aarons Ding ist: Im letzten Jahr hatte er dort ohne Kette eine verdammt gute Performance abgeliefert. Die Hoffnung, dass er die 1.2 Sekunden aufholen würde, wollte ich nicht begraben. Die Erlösung brachte dann die dritte Split Time, bei der Aaron 0.5 Sekunden vorne lag, also insgesamt fast zwei Sekunden aufgeholt hatte. Der Sieg war zum Greifen nah.
Schließlich kam das zweite grüne Licht mit 2.4 Sekunden Vorsprung! Mit fiel der Stift aus der Hand, ich war hin und weg. Die Zuschauer im Ziel flippten völlig aus - es war der reinste Wahnsinn! Solange Aaron auf dem Bike bleibt, würde er das Rennen gewinnen. Ich schaute, wie ich schnellstmöglich zur Ziellinie kommen würde, um ihm zu gratulieren, aber unser abergläubischer Road Manager Paul hielt mich zurück. Aaron müsse erst die Ziellinie überqueren. Als ich dann endlich bei Aaron war, sprudelte es nur so aus mir heraus: „You killed the middle sectors, you are a Boss!“. Er lächelte auf seine bescheidene Weise, aber ich konnte in seinen Augen sehen, dass er sich unglaublich über den Sieg freute. Er gewinnt halt einfach gerne.

Bist du abergläubisch?
Nicht wirklich, aber ich bemerke immer wieder merkwürdige Zufälle in meinem Leben.

Hat die Zahl 23 eine besondere Bedeutung für dich?
Als es noch kein Internet gab, bin ich immer wieder über diese Zahl gestolpert. Ich war ziemlich gut in Mathe, will euch damit aber nicht langweilen. Die 23 spielte eine große Rolle in meinem Leben und tauchte immer wieder auf. Als ich mit dem Rennfahren anfing, wählte ich die 23 als Startnummer und plötzlich fingen alle anderen um mich herum an, ebenfalls diese Zufälle zu bemerken. Als ich im Jahr 2000 meine Firma gründete, war klar, dass eine 23 in den Firmennamen gehört. Ich hatte mal gelesen, dass die Erdachse eine Neigung von 23 Grad hat – der Rest ist Geschichte. Inzwischen heiße ich bei meinen besten Freunden nur noch 23.

Aaron nach seinem Wahnsinnslauf © Isac Paddock
Podium in Leogang © Ale Di Lullo

Ist es ein besonderes Zeichen, dass Angel auf die 23 fuhr?
Wirklich jeder Fahrer, den ich mal gemanagt habe und der später ein ganz Großer wurde, fuhr im World Cup auch irgendwann auf die 23. Deswegen war der 23. Platz natürlich etwas Besonderes für mich. Unsere Jungs fuhren auf meine zwei Lieblingszahlen, 23 und 1!

Hat sich Angel in seiner Performance seit Beginn der Saison verbessert? Hat sich bei ihm ein Schalter umgelegt?
Angel ist nicht nur das Young Talent im Team und quasi ein „laufendes Projekt“, sondern auch jemand, an den wir wirklich glauben. Wir müssen zum Glück nichts überstürzen und er hat den Top-Fahrer schlechthin als Teammate und Mentor. In Lourdes und Cairns passierten einige Dinge, die ich nicht so ganz nachvollziehen konnte, aber Angel wollte weiterhin auf seinen alten Coach hören. Ich beschloss, mich nicht einzumischen und wollte ihn seine eigenen Erfahrungen machen lassen. Nach einem Crash in Andorra (nach Cairns) rief er mich an und sagte, er wolle gern etwas verändern und fragte mich um Rat. Von Glasgow nach Fort William sind wir dann zusammen im Auto gefahren und hatten viel Zeit zum Reden. Wir haben seine Rennvorbereitungen angepasst und auch seine Strategie verändert – und jetzt sehen wir schon Erfolge. Ich freue mich, wenn ein junger Fahrer offen für Veränderungen ist, Ratschläge annimmt und sich schnell verbessert. Downhill ist einfach ein mentaler Sport und Selbstvertrauen führt zu guten Ergebnissen, was wiederum zu mehr Selbstvertrauen verhilft.

Beeinflussen sich Angel und Aaron gegenseitig?
In gewisser Weise… Sie tauschen sich beim Trackwalk, beim Training und so weiter aus, aber sie beeinflussen sich auch auf persönlicher Ebene. Angel lernt von Aaron, was es heißt, ein professioneller Athlet zu sein und welche Opfer man dafür bringen muss. Und Angel bringt jede Menge Spaß ins Team, so dass es für alle Beteiligten echt lustig ist. Als ich Angel als Sportler unter Vertrag nahm, schwebten mir schon ein paar Ideen im Kopf herum. Die zwei haben denselben Background und Aaron steht die Rolle als Mentor eines jungen Talents ziemlich gut. Die Chemie zwischen den beiden stimmt.

Was glaubst du? Hat sich Aaron verändert, seit er für YT fährt?
Ich kann eigentlich nur den Aaron aus 2011/2012 mit dem Aaron von heute vergleichen. Seitdem wir damals zusammengearbeitet haben, hat er sich zu einem absoluten Profi entwickelt. Er weiß, wer er ist und wohin er will. In der kurzen Zeit, die wir bisher als YT Mob mit einander verbracht haben, ist mir aufgefallen, dass Aaron viel entspannter ist, Scherze macht und gerne mit Freunden Zeit verbringt. Er ist ziemlich entspannt, nie gestresst, noch nicht einmal vor dem Rennen. Der Aaron, der zusammen mit Angel in den Mob-Videos zu sehen ist, ist der wahre Aaron.

Vielen Dank für das Interview, Martin.

Fotos: Ale di Lullo, Isac Paddock

Gepostet am 16.06.2016 von YT |

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